Druck in der mehrsprachigen Erziehung

Druck in der mehrsprachigen Erziehung

28/06/2024

Spricht dein Kind deine Sprache nicht? Du investierst viel, damit du deine Sprache weitergeben kannst aber trotzdem klappt es nicht? Und es setzt dich und dadurch auch dein Kind unter Druck?

Hast du früher auch gedacht, es würde reichen, deine Sprache mit deinem Kind zu sprechen, damit es sie spricht? Ich schon. Heute weiß ich, dass die Mehrsprachigkeit aktives und bewusstes Handeln und gewisse Investitionen (u.a. zeitliche) von uns Eltern erfordert. Ich weiß auch, dass es nur mit den richtigen Ansätzen auch Früchte trägt. 

In diesem Artikel gehe ich auf einige Ansätze ein, die in meinen Augen für eine erfolgreiche und glückliche mehrsprachige Erziehung essenziell sind, vor allem dann, wenn unsere Kinder unsere Sprache nicht aktiv sprechen. Ich erkläre dir, warum Druck kontraproduktiv ist und worauf du stattdessen den Fokus legen solltest.

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Warum Druck kontraproduktiv ist

Wie fühlst du dich, wenn du mit deinem Kind zusammen bist und es spricht deine Sprache nicht? Du sprichst dein Kind immer nur in deiner Sprache an, bist da sehr konsequent, und trotzdem kommt nichts? Es antwortet immer in der anderen Sprache?

Vielleicht fragst du dich, was du falsch machst, kommst in eine Spirale rein, erzeugst Druck auf dich und auf dein Kind? 

Ich weiß noch, wie es sich für mich angefühlt hat, als ich an diesem Punkt mit meinem Sohn war. Ich habe ständig diesen Druck gespürt, diese Frustration; und ja auch irgendwie Traurigkeit. Die eigene Sprache ist etwas sehr Intimes und Emotionales, was man mit seinem Kind einfach unbedingt teilen möchte. 

Es ist also kein Wunder, wenn wir in so einer Situation als Eltern dann anfangen, bei unseren Kindern Druck auszuüben bzw. zu fordern, dass sie unsere Sprache sprechen. Doch die wenigsten von uns wollen das und das ist auch gut so. 

Denn Druck ist kontraproduktiv, Druck kann der Eltern-Kind-Beziehung schaden. Und Druck erzeugt Gegendruck. D.h.: Je mehr wir fordern, desto mehr werden sich unsere Kinder unseren Sprachen verschließen. Mit Druck können wir nicht unsere Ziele erreichen und gleichzeitig eine schöne, positive Beziehung zu unseren Kindern aufbauen und pflegen.

Ja, mehrere Sprachen weiterzugeben ist oft schwerer als man denkt. Es geht tatsächlich nicht einfach darum, dass ein Kind in Berührung mit mehreren Sprachen kommt, sondern darum, dass es sich mit ihnen verbindet. So komme ich zu einem meiner Leitsätze: Bindung statt Forderung.

Bindung anstatt Forderung

Ich unterscheide zwischen zwei Arten von Sprachen bei Kindern, die bilingual aufwachsen: die funktionalen und die rein emotionalen Sprachen. 

Funktionale Sprachen sind Sprachen, die die Kinder in ihrem Alltag wirklich brauchen, um mit anderen Menschen zu kommunizieren und um zu lernen. Das sind die Landes- und oder die Bildungssprachen.

Die rein emotionalen Sprachen sind die Sprachen, die die Kinder im Alltag zwar lernen, die aber für sie in keinen funktionalen bzw. direkt erkennbaren Sinn haben. Die Kinder brauchen diese Sprachen im Alltag nicht, denn sie werden auch anders verstanden.  

Daran hapert es in den meisten Fällen. Denn rein emotionale Sprachen gehen oft total unter, was zu einem Stocken der Entwicklung in diesen Sprachen führt.

Die rein emotionalen Sprachen können erst dann vom Kind aktiviert werden, wenn es auch eine starke emotionale Bindung zu diesen Sprachen hat. Klingt logisch, oder? Deshalb geht es für mich bei der mehrsprachigen Erziehung primär um Bindung und Beziehung, vielmehr als um eine Erziehung.

Das ist der Ansatz, der meine ganze Arbeit und meine Methode leitet und meine Perspektive auf Kinder bestimmt. Doch was bedeutet das genau? Das erläutere ich jetzt anhand von drei Punkten.

Beziehung vor Erziehung

  • Vertrauen 

Ohne Vertrauen geht es nicht. Druck entsteht aus mangelndem Vertrauen. Und Vertrauensmangel entsteht meistens aus der Ungewissheit, dass wir das richtige tuen, weil wir nicht sofort "Ergebnisse" unserer Investition sehen. Nur wer einen konkreten Plan und genug Wissen über den Spracherwerbsprozess hat, kann mit der Situation richtig umgehen, falls das Kind die Sprache nicht aktiviert. Wir müssen als Eltern in der Lage sein, die Situation zu erkennen, richtig einzuordnen und mit den richtigen Maßnahmen zu agieren. 

  • Unsere Kinder als eigenständige Wesen wahrnehmen und auf ihre Interessen und Bedürfnisse eingehen.

Wir als Eltern haben unsere Ansprüche, unsere Ziele, unsere Erwartungen und unsere Persönlichkeiten. Genauso haben unsere Kinder ihre ganz eigene Persönlichkeit und ihre ganz eigenen Bedürfnisse und Wünsche. Wir müssen in  der Lage sein, in die Akzeptanz und aber auch in die Wahrnehmung zu gehen. Erst wenn wir als Eltern wissen, wo die Interessen, die Bedürfnisse und Wünsche unserer Kinder sind, können wir sie besser verstehen und umso besser darauf eingehen. Auf die Bedürfnisse und die Wünsche der Kinder einzugehen heißt nicht, die eigene Sprache aufzugeben und sie nicht mehr zu sprechen, wenn unsere Kinder sie ablehnen. Das auf keinen Fall! Es bedeutet zu lernen, zu erkennen, welche Situationen wir wie nutzen können, um die Bindung zu unseren Sprachen zu steigern. 

  • Die Lust zu kommunizieren immer in den Vordergrund stellen

Ich plädiere immer dafür, Kinder in ihrem Erwerbsprozess allgemein zu unterstützten, egal welche Sprache sie sich in dem Moment aussuchen. Ich bin ganz klar dagegen, Kinder zu ignorieren, wenn sie nicht die erwünschte Sprache sprechen. Auch vom Verbieten einer Sprache innerhalb der Familie rate ich natürlich ab. Das sendet falsche Signale an das Kind, die wiederum nicht zu einer gesunden und positiven Beziehung zur Mehrsprachigkeit beitragen.

Fazit

Unsere Aufgabe als Eltern ist es, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder das Sprechen ihrer Sprachen als etwas Wertvolles und Positives erleben und empfinden. Denn nur so können sie alle ihre Sprachen mit Freude, ohne Druck und von innen heraus lernen. Nur so können sie sich ihre Sprachen wirklich zu Eigen machen. 

Drei wichtige Punkte dabei sind: 1.Vertrauen, 2. unsere Kinder als eigenständige Wesen wahrnehmen und auf ihre Interessen und Bedürfnisse eingehen, 3. die Lust zu kommunizieren immer in den Vordergrund stellen. 

Wenn du in dieser Situation bist, dass dein Kind deine Sprache nicht spricht und du Druck spürst, dann schreib mir gerne.

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